Rezension: Helga Glaesener - Die Vergolderin

Klappentext:

Braunschweig, 1604: Auf der Flucht vor Plünderern wird Elisabeth von einem geheimnisvollen Blinden gerettet. Er weckt tiefe Gefühle in ihr, obwohl sie einem anderen versprochen ist. In Braunschweig arbeitet sie heimlich als Vergolderin. Ihr Geschick bringt ihr viele Aufträge, aber auch den Zorn der Zunft ein, denn Frauen ist das Handwerk untersagt. Als der Gildemeister davon erfährt, droht Elisabeth die Hinrichtung. Da begegnet sie ihrem Retter wieder. Kann er ihr erneut helfen?

meine Meinung:

Eigentlich hat mir „Die Vergolderin“ von Helga Glaesener gefallen. Zumindest sprachlich. Denn was man der Autorin ohne Zögern zugestehen kann, ist ihr feines Gespür für Sprache. Ihr Schreibstil ist atmosphärisch dicht, gut lesbar und bildhaft - genau das hat mich durch die Geschichte getragen.

Inhaltlich jedoch bin ich zwiegespalten. Der Roman spielt im historischen Kontext und folgt einer jungen Frau, die sich im Handwerk behaupten will - doch genau hier liegt mein größter Kritikpunkt. Als jemand, der sich ein wenig mit der Materie auskennt, war ich irritiert über die Gleichsetzung von Vergolderin und Goldschmied. Diese beiden Berufe unterscheiden sich deutlich - sowohl in der Technik als auch im Umgang mit Materialien und Zielprodukten. Glaesener wirft sie jedoch stellenweise in einen Topf. Ob das aus Unwissenheit oder dramaturgischer Vereinfachung geschieht, bleibt offen. Ich gestehe jeder Autorin eine gewisse kreative Freiheit zu, aber bei so grundlegenden Details wünsche ich mir mehr Präzision.

Ein weiterer Schwachpunkt liegt in der Konstruktion der Handlung. Manche Wendungen wirken schlicht zu konstruiert, einige Zufälle sind so „glücklich“, dass sie fast schon unrealistisch anmuten. Es fehlt mitunter an Tiefgang in der Figurenentwicklung - besonders bei den Gegenspielern. Die „Bösen“ bleiben eindimensional, während die Hauptfiguren erstaunlich problemlos durch die Konflikte navigieren. Das macht es manchmal schwer, wirklich mitzufiebern.

Und dennoch: Der Roman ist nicht ohne Reiz. Es gibt unerwartete Momente, interessante historische Ansätze und einen durchgehend soliden Spannungsbogen. Auch wenn vieles vorhersehbar ist, bleiben genug Unklarheiten, um weiterzulesen.

Der Roman hat eine dichte Atmosphäre und eine starke Protagonistin, ihm fehlt es jedoch an historischer Genauigkeit. Auch die stereotype Figurenzeichnung war nicht mein Fall. Wer also ein authentisches, tief recherchiertes Werk erwartet, wird vermutlich enttäuscht. Wer sich jedoch auf eine sprachlich schöne, unterhaltsame Lektüre mit historischem Flair einlassen möchte, könnte „Die Vergolderin“ durchaus genießen.

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buchige Daten:

Titel: Die Vergolderin
Text: Helga Glaesener
Verlag: List
Ersterscheinung: 2011
Genre: Historischer Roman
Medium: eBook
Rezension vom: 05.08.25

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