✎ Susanna Tamaro - Mein Herz ruft deinen Namen
~ Titel: Mein Herz ruft deinen Namen
~ Autor: Susanna Tamaro
~ Verlag: Piper
~ Ersterscheinung: 2013
~ Genre: Roman
~ gelesen als: Taschenbuch
~ Rezension vom: 18.06.16
Klappentext:
»Wenn das Leben ein Weg ist, so ist es ein Weg, der immer bergauf führt", hat Susanna Tamaro einmal geschrieben. Diese Wahrheit muss ihr Held schmerzlich erfahren, als er seine Frau und ihr gemeinsames Kind bei einem unerklärlichen Unfall verliert. Die Trauer lässt ihn verbittert zurück, bis ihm die Liebe ein zweites Mal begegnet.
Ein Buch voller Weisheit, Spiritualität und Liebe.
meine Meinung:
Als Janine bei 'vergessene Schätze' damals dieses Buch vorgestellt hat, war mir ziemlich schnell klar, dass ich es unbedingt lesen möchte, denn ihre Rezension hat mich schon sehr neugierig gemacht.
Schon sehr früh fing ich an, mir Textstellen zu markieren, die mir einfach unheimlich gut gefielen. Die Autorin hat einen super Schreibstil, der zwar ruhig / leise daherkommt, aber dennoch voll einschlägt - nicht zuletzt, weil er sehr bildhaft ist.
"Es gefiel dir, unser Leben mit einem Wasserlauf zu vergleichen.
»Jetzt sind wir ein Gebirgsbach«, sagtest du, »springen ungestüm zwischen Felsblöcken, bilden Wasserfälle, und unser Plätschern und Rauschen hallt von den Gipfeln bis ins Tal.
Eines Tages jedoch werden wir Flüsse in der Ebene sein - ruhig, breit und träge -, und wir werden gar keine Geräusche mehr machen außer dem Rascheln, das der Wind erzeugt, wenn er durch die Weiden streicht.«
»Jetzt sind wir ein Gebirgsbach«, sagtest du, »springen ungestüm zwischen Felsblöcken, bilden Wasserfälle, und unser Plätschern und Rauschen hallt von den Gipfeln bis ins Tal.
Eines Tages jedoch werden wir Flüsse in der Ebene sein - ruhig, breit und träge -, und wir werden gar keine Geräusche mehr machen außer dem Rascheln, das der Wind erzeugt, wenn er durch die Weiden streicht.«
»Wird das langweilig sein?«, fragte ich.
»Nein, ganz natürlich.«" (S.16)
Auch lässt sie ihre Figuren immer wieder die richtigen Fragen stellen - selbst wenn sie keine Antworten darauf bekommen / erwarten.
"»Warum leben wir?«" (S.16)
"Oft habe ich mich gefragt, ob die Einsamkeit die Sensibilität erhöht
oder ob man die Einsamkeit wählt, weil man zu sensibel ist" (S.40)
Dass Susanna Tamaro ihre Hauptfigur Matteo in der Ich-Form erzählen lässt, macht dieses Buch unheimlich persönlich. Er spricht quasi zu seiner verstorbenen Frau, erzählt ihr das Leben, was er nun ohne sie leben muss und fragt sie / sich, wie sie es in diesem Augenblick empfinden würde.
Wer nun meint, er bekommt hier einen Roman präsentiert, der sich damit beschäftigt, dass jemand seine Trauer nicht überwinden kann und anfängt, mit Toten zu reden, dem sei gesagt, dass man es eher so sehen sollte, als wenn Matteo ein (Tage)Buch an seine Frau schreibt.
Ich persönlich finde diesen Weg gut gewählt und mir war das daher nicht zu viel, weil das Übernatürliche wirklich nicht thematisiert wird. Da ich auch schon einen sehr schweren Verlust hinnehmen musste, konnte ich mich gut in den Protagonisten hineinversetzen. Seine Trauer und Wut und Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit konnte ich perfekt nachvollziehen.
"»Sie waren doch Arzt, Kardiologe, nicht wahr?«, [...]
»Ja.«
»Sie brachten Herzen in Ordnung.«
»In den Grenzen des Möglichen.«
»Nun, das machen Sie ja jetzt auch, oder?
In gewisser Weise bringen Sie Herzen wieder in Ordnung, nicht wahr?«
»Mit dem Skalpell war es einfacher«, erwiderte ich." (S. 182 / 183)
Das Einzige, was mir nicht so richtig gefallen hat und was ich schon voraussah, war das Ende. Aber das tut der Geschichte an sich keinen Abbruch.
Für mich ist dieses Buch wirklich das Richtige gewesen. Es behandelt ein trauriges Thema auf sehr würdevolle Weise. Es zeigt einen Weg auf, mit diesem Thema umzugehen, der vielleicht nicht immer der beste ist, der jedoch teilweise auch helfen kann und sehr nachvollziehbar bleibt.
"Auf jede Tragödie folgt eine Flut von »Wenns«, und diese Fragen wiegen schwer wie ein Rucksack voller Steine, und wer die Tragödie miterlebt hat, trägt ihn für immer auf den Schultern. Wenn man sich an den »Wenns« entlanghangelt - als ob es ein Seil wäre, das uns zugeworfen wird, um uns zu retten -, wird einem klar, dass auf ein »Wenn« stets ein weiteres folgt und noch dann noch eines und noch eines. Man streckt die Hand aus, überzeugt, es sei das letzte, und findet immer noch weitere, sodass man sich zuletzt, bevor man erschöpft umfällt, ergeben muss. Das einzig gültige »Wenn«, das alle anderen in sich birgt, ist nur eines: Wenn ich nie geboren worden wäre." (S. 72 / 73)
Jane, du hast dir total schöne Zitate rausgesucht!! An das von S. 40 und das ganz am Ende deiner Rezension, kann ich mich noch sehr gut erinnern. - Und das nach fast zwei Jahren! Ich freue mich gerade total, dass dir das Buch auch so gut gefallen hat, ich hatte ja schon daran gezweifelt ... :-))
AntwortenLöschenAber dieses Buch wirft ziemlich viele philosophisch-spirituelle Fragen auf, die einen über sich, seine Gefühle und das Leben/den Tod nachdenken lassen, sodass man lernt, wenn man den Mut hat, es zuzulassen/sich damit zu beschäftigen, mit dem eigenen Dasein besser umzugehen, wie du ja geschrieben hast. Also so gesehen: ein Buch, das die eine oder andere persönliche Erkenntnis hervorrufen kann. Von wegen, du kannst gar nichts mit Spiritualität anfangen - das bedeutet nichts anderes, als sein eigenes Bewusstsein zu erweitern. ;)
Das Buch ist wirklich sehr schön. :)
LöschenDu hattest ja Zweifel, weil hier auch jemand stirbt, aber das wird gar nicht so thematisiert, deshalb konnte ich gut damit umgehen. :)
Danke für dein Lob wegen der Zitate. :) Ich war erstaunt, dass ich immer wieder dazu überging, mir etwas zu markieren - meist finde ich nämlich eher wenig bis nichts..
..und noch immer habe ich das Bild vor Augen, was ich auch beim Lesen hatte - und die Gefühle kommen auch wieder hoch, wenn ich mir die Zitate anschaue.
Ein Buch, was bei mir definitiv Eindruck hinterlassen hat.
Und ich habe mir nach Janins begeisterter Rezi das Buch bei medmiops gekauft...leider liegt es noch auf dem SuB.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Martina
Dann befrei es mal von dort - du wirst es nicht bereuen! :)
LöschenIch freue mich auch, dass dich das Buch genauso begeistern konnte wie mich - für mich ist es auch weitaus besser als ihr Bestseller "Geh, wohin dein Herz mich trägt" - den hatte ich mir danach gekauft und war leider etwas enttäuscht. Aber in "Mein Herz ruft deinen Namen" werde ich bestimmt bald mal wieder reinlesen.
AntwortenLöschenLG Sabine
Ich bin ja mittlerweile ein wenig vorsichtiger geworden.. Wenn mir ein Buch richtig gut gefällt - vor allem von der Schreibweise, aber auch von der Geschichte her -, dann schau ich mich nach anderen Büchern des Autors zwar um, aber ich kann das dann nicht direkt lesen, weil es mich dann meist nicht so fesselt, wie das vorhergehende. Ich schwelge dann lieber in der allertollsten Erinnerung - und die habe ich hier wirklich. :)
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