✎ Elisabeth Zöller - Auf Wiedersehen, Mama


Titel: Auf Wiedersehen, Mama
Text: Elisabeth Zöller
Verlag: Thienemann
Ersterscheinung: 1990
Genre: Kinderroman
gelesen als: Hardcover
Rezension vom: 21.03.22



Klappentext:

Gestern hat die Sonne ganz warm geschienen und ich hab am Fenster meine blauen Blumen aufgehängt. Die aus der Bretagne. Und zu Mama habe ich gesagt: "So ähnlich muss das sein, wo du hingehst, Mama: wie die Blumen dort oder auch wie die Sonne." Ich gab Mama die Hand und wir haben zusammen auf die Blumen geschaut und auf die Sonne.

Eine Geschichte voller Trost über einen endgültigen Abschied.



meine Meinung:

"Auf Wiedersehen, Mama" war ein zufälliger Bibliotheksfund und ich war neugierig, wie die Autorin dieses schwierige Thema angeht.

Wir begleiten die 13-jährige Flora fast 1 Jahr lang, die uns anhand ihrer Tagebucheinträge an ihren Gefühlen und Gedanken teilhaben lässt.

Schon der Titel und der Klappentext verraten, worauf diese Lektüre hinauslaufen wird. Daher war für mich, als Erwachsene, der Anfang ein bisschen zäh. Erst auf Seite 66 wird nämlich ganz klar gesagt, dass die Mutter sterben wird - vorher war das im Buch noch gar nicht klar. Sie war krank, wurde operiert und hat versucht, wieder ins Leben zu finden.

Doch Elisabeth Zöller findet von Anfang an die richtigen Worte, um Floras Gefühle zu beschreiben. Es gibt gefühlt 1000 verschiedene Situationen mit 1000 verschiedenen Reaktionen - eben genau so, wie es wirklich ist, wenn man eine kranke Mutter zu Hause hat.

»Ich glaube, da hab ich wieder die Angst gekriegt, so im Bauch,
ein Kribbeln, ein Drücken und ein bisschen übel war mir auch.« (S. 20)

»Jeder schweigt das alles in sich hinein.« (S. 24)

»Ich bin nach Hause gegangen. Da war es leer, niemand da.
Ich hab einfach losgeheult. Manchmal tut Weinen gut, aber heute wurde es immer schlimmer.
"Mama!", hab ich gerufen. "Mama, komm doch wieder und werd gesund.
Ich brauche dich doch, Mama! Wir alle brauchen dich."« (S. 33)

An dieser Stelle hätte ich fast selber geweint, weil die Zeilen so richtig Floras Verzweiflung hinausschreien. Auch wenn noch gar nicht thematisiert wurde, dass die Mutter sterben wird, scheint sie in ihrem Inneren diese Angst einfach nicht loswerden zu können, weil sie ihr auch niemand abnehmen kann.

Ich glaube, dass sich nicht viele 13-Jährige Gedanken über das Leben machen, aber wenn man erst einmal mit dem Tod konfrontiert wurde, beginnt das Karussell zu kreisen - unaufhörlich.

»Ich fühle es: Es ist etwas zu Ende, das wir lange Zeit ganz selbstverständlich gehabt haben
und das wir erst jetzt beginnen zu begreifen.« (S. 23)

»[...], dass das Leben eines kleinen Babys, das stirbt, ein erfülltes Leben ist. Ein ganzes Leben.
Es kommt ja nicht darauf an, wie lange ein Mensch auf der Erde ist.
Es kommt darauf an, wie er auf der Erde. Ob er ganz da ist.« (S. 107)

Es ist halt nur ein kleiner Ausschnitt aus Floras Leben. Man erfährt nicht so richtig, ob die Eltern mit beiden Kindern offen reden. (sie hat noch einen jüngeren Bruder) Mir kam es oft so vor, als wäre sie ganz viel alleine mit ihren Gedanken und Gefühlen. Und das finde ich traurig. Denn ich weiß, wie es ist, wenn niemand über solch eine schwerwiegende Situation spricht. (ich musste dies leider mit 15 erleben)

Auch scheint in der Schule niemand über ihren Hintergrund Bescheid zu wissen. Vielleicht liegt es daran, dass das Buch bereits 1990 erschienen ist, doch heute sollte klar sein, dass es den Schulalltag nur erleichtern kann, wenn die Lehrkräfte informiert sind.

Obwohl man ja darauf vorbereitet ist, dass die Mama sterben wird, war es für mich, als es dann tatsächlich passierte, wie ein Schlag ins Gesicht.
Gerade durch die nüchterne Ausdrucksweise, die die Autorin hier verwendet hat, raubte es mir den Atem.

Sehr positiv finde ich, dass Elisabeth Zöller Wege aufzeigt, mit solch einem Schicksal umzugehen.
Tagebuch schreiben. In eine Selbsthilfegruppe gehen. Mit Herzensmenschen reden. Auch mit Lehrkräften, wenn man dazu bereit ist. 

Von mir bekommt "Auf Wiedersehen, Mama" eine Leseempfehlung. Jedoch rate ich zu erwachsener Begleitung, da einfach einige Szenen besprochen werden müssen in meinen Augen. Es bricht mir das Herz, wenn sich so junge Menschen nicht gesehen fühlen in ihrem Schmerz ...

»Jeder hat eine Mauer um sich und ist darin eingeschlossen.
Manchmal will ich eine Hand hinüberreichen zu Papa oder zu Philipp.
Aber meine Arme sind zu kurz oder die Mauer ist zu hoch.
Ich ducke mich, mache mich klein und bleibe für mich hinter der Mauer.« (S. 67)

©2022 Mademoiselle Cake

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