Rezension: Mikita Franko - Die Lüge


Klappentext:

Ein virtuoser Roman über einen Jungen, der in Russland bei einem homosexuellen Paar aufwächst

Mikita wird nach dem Tod seiner Mutter von ihrem Bruder adoptiert, er ist fünf Jahre alt. Mit Slawa und dessen Partner Lew genießt er eine fröhliche Kindheit. Aber mit der Einschulung beginnt das Versteckspiel, das Lügen. Wenn Besuch kommt, müssen Fotos weggeräumt, in Aufsätzen müssen Dinge verschwiegen oder erfunden werden, und Mikita schlagen Vorurteile entgegen. Er verliert seinen Frohsinn, wird wütend, aggressiv, depressiv.

Erst die Freundschaft mit einem Jungen aus dem Waisenhaus beruhigt ihn. Und dann merkt er, dass er sich zu Jungs hingezogen fühlt. Ausgerechnet! Er beschuldigt sich, zum Beweis für die Propaganda geworden zu sein, die behauptet, gleichgeschlechtliche Paare würden homosexuelle Kinder großziehen. All seine Versuche, sich in Mädchen zu verlieben, scheitern. Es wird noch dauern, bis Mikita Frieden mit sich selbst und seiner Sexualität findet.

meine Meinung:

Mikita Franko hat mit "Die Lüge" einen autofiktionalen Coming-of-Age-Roman geschaffen. Einen Roman, bei dem nicht klar ist, welcher Part wahr und welcher hinzugedichtet ist.

Ich kenne selbst jemanden, der homophob ist - also eine Abneigung gegen Homosexualität hat. (wobei diese Person zudem noch hochgradig ausländerfeindlich ist) Und es will mir einfach nicht gelingen zu verstehen, warum man Mensch nicht Mensch sein lassen kann.

"Die Lüge" thematisiert die Feindlichkeit gegen Homosexuelle in Russland. Dort scheint es nur 2 Wege für Regenbogenfamilien zu geben: im Verborgenen leben, also lügen, oder emigrieren. Was für eine traurige Vorstellung!

Der Autor schreibt sehr authentisch - ist er doch selbst ein Transmann.
Unweigerlich fragt man sich: Hat er ebenso in seiner Kindheit und Jugend mit einer Lüge leben müssen? Wie schwer wiegt solch eine Last auf den Schultern der Kleinsten in der Gesellschaft?

In diesem Roman gibt es keine perfekten Menschen. Alle haben Ecken und Kanten. Es spiegelt das wahre Leben wider. Traurig dabei ist, dass Mikita, der Heranwachsende, die gefühlt größte Last zu tragen hat. Der Mensch strebt nach Freiheit, frei sein in seinem Tun und Denken und Fühlen - und der Junge muss alles in sich verschließen.
Da bleibt es nicht aus, dass Lesende / Hörende mit Panikattacken und sogar Suizidgedanken des Protagonisten konfrontiert werden.

In Russland darf das Werk nicht an unter 18-Jährige verkauft werden. Dabei wäre es gerade für Jugendliche in ähnlichen Situationen wichtig zu wissen, dass sie nicht alleine sind. 

"Die Lüge" ist kein sprachliches Meisterwerk. Das Debüt strotz aber vor Authentizität. Und hat mir einmal mehr die Augen geöffnet, dass es noch immer nicht selbstverständlich ist, der Mensch zu sein, der man sein möchte.

©2022 Mademoiselle Cake

buchige Daten:

Titel: Die Lüge
Text: Mikita Franko
Übersetzung: Maria Rajer
gesprochen von: Lennart Thomas
Verlag: Saga Egmont
Ersterscheinung: 2022
Genre: Entwicklungsroman LGBTQIAP+
Medium: Hörbuch
Rezension vom: 16.06.22

Share this:

JOIN CONVERSATION

    Blogger Comment

0 commenti:

Kommentar veröffentlichen

Freundliche Kommentare sind immer gerne gesehen und werden zeitnah beantwortet.
Ich freue mich über einen regen Austausch.

Mit dem Abschicken deines Kommentars akzeptierst du die Datenschutzbedingungen und erklärst dich damit einverstanden, dass deine Daten entsprechend der Datenschutzbestimmungen der DSGVO gespeichert und weiterverarbeitet werden (z.B. bei Verlosungen).