Rezension: Wolfgang Herrndorf - Tschick

Klappentext:

Mutter in der Entzugsklinik, Vater mit Assistentin auf Geschäftsreise: Maik Klingenberg wird die großen Ferien allein am Pool der elterlichen Villa verbringen. Doch dann kreuzt Tschick auf. Tschick, eigentlich Andrej Tschichatschow, kommt aus einem der Asi-Hochhäuser in Hellersdorf, hat es von der Förderschule irgendwie bis aufs Gymnasium geschafft und wirkt doch nicht gerade wie das Musterbeispiel der Integration. Außerdem hat er einen geklauten Wagen zur Hand. Und damit beginnt eine Reise ohne Karte und Kompass durch die sommerglühende deutsche Provinz, unvergesslich wie die Flussfahrt von Tom Sawyer und Huck Finn.

meine Meinung:

Nein, für mich war dieser Jugendroman keine Schullektüre. Ich habe „Tschick“ freiwillig gelesen, zusammen mit @linhelest, einfach weil ich neugierig war. Das Buch hat 2011 den Deutschen Jugendliteraturpreis gewonnen - da wollte ich wissen, was dran ist.

Wir begleiten einen Roadtrip durch Ostdeutschland mit zwei 14-jährigen Jungs, die sich durch teils fragwürdige Abenteuer schlagen. Klingt erstmal nach Coming-of-Age mit Tiefgang - aber „Tschick“ bleibt für mich erstaunlich oberflächlich.

Schon nach den ersten Kapiteln wird klar: Die Geschichte von Maik und Andrej lebt von Klischees, Vorurteilen und Stereotypen. Gefühlt jeder gesellschaftliche -Ismus wird angeschnitten - ohne reflektiert zu werden: Sexismus, Rassismus, Klassismus - alles da, aber nichts davon wird hinterfragt oder kritisch eingeordnet. Stattdessen gibt es Bodyshaming und Homophobie on top.

Generell der Schreibstil ist alles andere als fesselnd. Maik, der Ich-Erzähler, fällt vor allem durch vulgäre, beleidigende und diskriminierende Sprache auf. Das soll wohl authentisch wirken, lässt den Charakter in meinen Augen aber flach und schwer zugänglich erscheinen.
Wer auf eine tiefgreifende Entwicklung oder emotionale Wendepunkte hofft, wird enttäuscht. Viel passiert eigentlich nicht. Der Roadtrip plätschert dahin, Begegnungen kommen und gehen, ohne dass sie wirklich etwas auslösen.

Die beiden Protagonisten begeben sich auf eine wilde Reise - aber echte Konsequenzen für ihr Verhalten bleiben aus. Außer einem kurzen Ausflug ins Jugendheim oder ein paar Schlägen (die mehr beiläufig als ernsthaft thematisiert werden), passiert nichts, das spürbare Nachwirkungen hätte. Das nimmt der ohnehin dünnen Handlung zusätzlich an Gewicht.

Natürlich geht es irgendwo auch um Freundschaft, Außenseitertum und das Suchen nach Zugehörigkeit. Aber selbst diese Themen werden eher angedeutet als tiefgehend erzählt.
Es fehlt an emotionaler Tiefe, an Entwicklung - und an Momenten, die im Gedächtnis bleiben. Eine Coming-of-Age-Geschichte, die sich viel vorgenommen hat, aber in meinen Augen nicht liefert.

Ich weiß, viele feiern „Tschick“ als modernen Klassiker der Jugendliteratur. Für mich war es eher zäh, inhaltlich problematisch und leider schnell wieder vergessen - eine Erzählung, die sich zwar jugendlich geben will, aber wenig Substanz bietet. 
Vielleicht liegt’s an der Zeit, vielleicht am Stil, aber der Coming-Of-Age-Roman hat mich weder mitgerissen noch zum Nachdenken gebracht. Was ich bekommen habe, war eher eine Aneinanderreihung fragwürdiger Botschaften und langatmiger Passagen.

Bisher habe ich es auf der Leseliste der Schule meines Kindes nicht entdecken können und ich hoffe, das bleibt auch in Zukunft so.

©2025 Mademoiselle Cake

buchige Daten:

Titel: Tschick
Text: Wolfgang Herrndorf
Ersterscheinung: 2010
Genre: Entwicklungsroman
Altersempfehlung: ab 14
Medium: eBook
Rezension vom: 16.07.25

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