Rezension: Andreas Steinhöfel - Anders

Klappentext:

NACH DEM UNFALL WAREN ZEIT UND WELT FÜR EINE WEILE AUS DEN FUGEN.

263 Tage liegt Felix Winter im Koma, exakt die Anzahl jener Tage, die seine Mutter vor elf Jahren mit ihm schwanger war. Dann erleben die Menschen um ihn herum ein Wunder: An einem prächtigen Sommertag kehrt der Winterjunge zurück ins Leben. Und nennt sich von nun an anders, nämlich Anders. Er hat keinerlei Erinnerung mehr an die Zeit vor dem Unfall oder an den Unfall selbst... Und es gibt jemanden, der alles dafür tun wird, dass das so bleibt.

meine Meinung:

„Anders“ lag neulich im Tauchregal und da der Klappentext interessant klang, nahm ich es für eine kurze Lektüre zwischendurch mit.

Die Lektüre zog sich jedoch deutlich länger als erwartet, weil Steinhöfel den Stoff mit einem breiten Erzählfluss und permanenten Blickwechseln versieht. Der Text verlangt hohe Konzentration, nicht zuletzt wegen überladener Satzkonstruktionen - teilweise geht ein Satz über 9 Zeilen -, die das Erfassen des Handlungsverlaufs bremsten. Ich empfand die Form als unnötig verschachtelt und dadurch distanziert.

Der Roman bündelt eine Vielzahl an Motiven, setzt sie aber oft nur an und lässt sie ohne vertiefte Bearbeitung stehen. Das Ergebnis: thematische Überladung ohne nachhaltigen Erkenntnisgewinn. Somit erzeugt der Text zwar Impulse, doch die Menge der Denkanstöße überfordert bereits mich als Erwachsene. Für die angegebene Zielgruppe wirkt das ambitioniert.

Die letzten Kapitel eskalieren in eine Härte, die für junge Lesende grenzwertig ist. Einzelne Szenen sind so drastisch, dass sie sensiblere Kinder klar überfordern können. Dieser Kontrast verstärkt die Diskrepanz zwischen vermarktetem Anspruch und tatsächlicher Wirkung.

Unterm Strich blieb die Lektüre für mich unbefriedigend. Der Klappentext suggeriert einen anderen Schwerpunkt, während die tatsächliche Geschichte sich stärker auf Identitätsfragen, Wahrnehmung und familiäre Spannungen stützt.

Dass das Buch im Unterricht eingesetzt wird, erklärt sich durch seine Interpretierbarkeit. Die Vielzahl offener Fäden liefert Stoff für analytisches Arbeiten, weniger für ein stimmiges Leseerlebnis. Damit erfüllt „Anders“ für mich eher eine schulische als eine erzählerische Funktion.

©2025 Mademoiselle Cake

buchige Daten:

Titel: Anders
Text: Andreas Steinhöfel
Illustrationen: Peter Schössow
Verlag: Carlsen
Ersterscheinung: 2014
Genre: Jugendroman
Altersempfehlung: ab 12
Medium: eBook
Rezension vom: 18.11.25

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