Rezension: Michael Stavarič - Als der Elsternkönig sein Weiß verlor

Klappentext:

Als der Elsternkönig eines Morgens erwacht, ist sein Federkleid schwarz wie das eines Raben. Niemand kann sich erklären, wohin sein Weiß verschwunden ist. Sein Volk tuschelt hinter vorgehaltenen Flügeln, aber keiner spricht ihn direkt auf die rätselhafte Begebenheit an. Und so wächst der Groll des Elsternkönigs auf sein Schicksal, seine Untertanen und das Weiß in der Welt.

Eine märchenhafte Geschichte von Michael Stavarič über einen König, der auf der Suche nach seinem verlorenen Weiß sich selbst wiederfindet, wunderbar von Linda Wolfsgrubers zarten Illustrationen in Szene gesetzt.

meine Meinung:

Der Kunstanstifter Verlag veröffentlicht nach meiner bisherigen Erfahrung Bilderbücher, die bewusst mit Erwartungen brechen. Formal wirken sie wie Kinderliteratur, inhaltlich arbeiten sie jedoch mit Verdichtung, Andeutung und Brüchen. Der Sinn erschließt sich nicht beim schnellen Lesen, sondern erst durch genaues Hinsehen und das Wahrnehmen der Leerstellen zwischen den Zeilen.

Genauso habe ich „Als der Elsternkönig sein Weiß verlor“ von Michael Stavarič erlebt. Die Altersempfehlung ab fünf Jahren erscheint mir realitätsfern. Kindern fehlen dafür die biografischen Erfahrungen und inneren Konflikte, auf die der Text stillschweigend baut. Erst Jugendliche, noch deutlicher Erwachsene, können die sprachlichen Verschiebungen, die Mehrdeutigkeit und die emotionale Schwere vollständig erfassen.

Diese Distanz wird durch die Illustrationen verstärkt. Die Bildwelt bleibt überwiegend in Schwarzweiß, Farbe taucht nur punktuell auf. Für ein klassisches Kinderbuch fehlt der visuelle Reiz; stattdessen unterstützen die Bilder die melancholische Grundhaltung und die innere Spannung des Textes.

In dem kurzen Textraum verhandelt Stavarič eine erstaunliche Anzahl von Themen: Selbstakzeptanz und Fremdzuschreibung, Erwartungen von außen, Missgunst, innere Unzufriedenheit, Widerstand gegen vorgegebene Rollen und die Einsicht, dass nicht alles erklärbar oder auflösbar sein muss. Diese Motive stehen nicht nebeneinander, sondern greifen ineinander und erzeugen ein Gefühl von Unruhe, das bewusst nicht beruhigt wird.

Genau daher empfinde ich die Geschichte als zu düster, zu abstrakt, als emotional überfordernd für kleine Kinder - besonders im Kontext eines Bilderbuchs. Auch die Distanz der Sprache, die keine Identifikationsfigur anbietet, sondern Beobachtung verlangt, ist nichts, mit was Kinder in diesem Alter etwas anfangen können. Dies bestätigt für mich, dass das Buch nicht gefallen will, sondern fordert.

©2025 Mademoiselle Cake

buchige Daten:

Titel: Titel
Text: Michael Stavarič
Illustrationen: Linda Wolfsgruber
Ersterscheinung: 2017
Genre: Bilderbuch
Altersempfehlung: ab 5
Medium: Hardcover
Rezension vom: 25.12.25

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