Rezension: Christoph Fromm & Yvonne Ramp - Gottfried, der Turborabe 4 Rabenstarke Märchen
Klappentext:
Wenn die Bremer Stadtmusikanten Knast-Hühner befreien, Aschenputtel ein Weitsprung-Turnier gewinnt und ein frecher Turborabe sich in Schneewittchen verwandelt, dann hat sich Gottfried in die Welt der Grimm’schen Märchen eingeschlichen!
Der Primero-Kinderbuchstar mit dem Turbodüsenmotor stellt nicht nur das Leben seiner allerbesten Freunde, den geflüchteten Geschwistern Enno und Kira, gehörig auf den Kopf, sondern mischt alte Fabeln mit aktuellen, wichtigen Themen auf.
Die Moral unserer bekanntesten Märchen mal ganz anders erzählt.
meine Meinung:
Ich hatte mich sehr auf dieses Kinderbuch gefreut. Vor einiger Zeit las ich "Märchenland für alle" und irgendwie dachte ich, dass "Rabenstarke Märchen" in eine ähnliche Richtung gehen wird.
Doch weit gefehlt!
Dies ist ein Buch, welches schnellstmöglich wieder aus unserem Regal ausziehen wird!
Ich hatte vor, es unserer Schulbibliothek, in der ich mich ehrenamtlich betätige, zu spenden, da vorne "Erst- und Vorlesebuch" drin steht. Kein*e Erstleser*in wird dieses Buch mit nach Hause nehmen. Das zeigt mir meine Erfahrung. Teilweise kommen 4 Seiten lang keine Bilder. (nur bunte Seiten) Das ist demotivierend für Menschen, die gerade anfangen zu lesen.
Auf der ersten Seite stellt sich Enno vor: 9 Jahre, aus Mali, seit Kurzem mit seinem Papa und seiner kleinen Schwester in München lebend.
Nur in einer Geschichte wird angesprochen, dass seine Familie in einem Asylbewerberheim wohnt. Ansonsten sind Hautfarbe und Herkunft keine Themen.
Doch als Kira eine neue Hose benötigt, weil die Kinder sie auslachen, weil sie Löcher in den Hosen hat und sie eine bei den gespendeten Hosen findet und fragt, ob sie sie behalten darf, meint der Rabe:
"Die Klamotten sind doch extra für Geflüchtete wie euch gesammelt worden." (S. 37)
Wie unsensibel kann man denn bitte sein!?!?!
Zum einen wird Kira mit der Situation sowieso schon zu kämpfen haben.
Zum anderen trägt auch mein Kind gebrauchte Kleidung. Das ist doch nichts Schlechtes!
Das so unsensibel in einem Kinderbuch zu thematisieren, ist absolut daneben!
In der ersten Geschichte soll es um den Aspekt gehen, dass einige Hühner in Legebatterien eingepfercht werden und kein würdiges Leben haben. Die Geschwister und der Rabe wollen dies ändern. Ein schöner Gedanke.
Doch das Drumherum passt überhaupt nicht! Da wird einfach eine Fahne abgerissen. (Sachbeschädigung) Der Körper von anderen wird negativ bewertet. (Bodyshaming) Es kommt sehr viel Gewalt zum Einsatz. Und Gottfried ist immer der Beste und Tollste.
Auch in der zweiten Geschichte gibt es meinerseits einige Kritikpunkte:
Ein Kind begeht Hausfriedensbruch. (manche Kinder machen dies ständig und prahlen noch damit)
Zudem hier wird wieder über Idealfiguren gesprochen.
Der Rabe stellt sich erneut in den Mittelpunkt. ("Ich muss auch nichts messen, um zu wissen, dass ich der Tollste, Beste und Größte bin!" (S. 41))
Und am Ende steht die Moral: Du bist nur interessant, wenn du etwas kannst und / oder wer bist. Selbst deine angeblich beste Freundin hält nicht zu dir, wenn es darauf ankommt.
In der dritten Geschichte geht es in den Zoo. (eine Kulisse, die ich normalerweise vermeide)
Ob man es glaub oder nicht, doch Gottfried ist auch hier wie immer perfekt.
Und ein Vergehen wird mit Prügel bestraft.
Wie man sieht, beinhaltet jede der drei Geschichten Eitelkeit und Bodyshaming. Hinzu kommen Mobbing, Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung und Gewalt. Themen, die ich in diesem Ausmaß, auf 82 Seiten, in einem Kinderbuch nicht haben möchte.
Gottfried geht mir dermaßen auf die Nerven, dass ich froh bin, dass auch meine 4-Jährige das Buch nicht mag. Sie hat nämlich nur die ersten 2 Seiten zugehört und danach hatte sie keine Lust mehr.
Mir drängt sich zudem die Frage auf: Warum können die Kinder Gottfried eigentlich verstehen, doch all die anderen Tiere nicht? Vielleicht wird das in einen der ersten Bände erklärt, aber in dieser Lektüre finde ich keinen Hinweis dazu.
Keine Frage: Die Themen wie (Massen)Tierhaltung, Schönheitswahn, Klamotten, ... sind wichtig. Doch die Umsetzung ist in meinen Augen in "Rabenstarke Märchen" misslungen. Für mich ein Buch, welches nicht in ein Kinderregal gehört und ich niemals einem Kind vorlesen werde.
©2022 Mademoiselle Cake
buchige Daten:
Titel: Rabenstarke Märchen
Reihe: Gottfried, der Turborabe
Band: 4
Text: Christoph Fromm & Yvonne Ramp
Illustrationen: Finja Skadi Vollbrecht
Verlag: Primero
Ersterscheinung: 2022
Genre: Geschichten für Kinder
Altersempfehlung: ab 4
gelesen als: Hardcover
Rezension vom: 01.07.22
Reiheninformation:
1. Ennos gefährliche Reise
2. Ennos allerbester Freund
3. Enno und Kira zeigen es allen
4. Rabenstarke Märchen
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