Rezension: Brigitte Werner - Kotzmotz der Zauberer
Klappentext:
Verstinkter Affenhintern in Pupssuppe!
Kein Wunder, dass alle Tiere Angst vor dem Zauberer Kotzmotz haben: Wenn der brüllt und wütet und seine Schimpftiraden auf jeden loslässt, dann ist es besser, sich schnell im Wald zu verkriechen. Aber eines Tages kommt ein kleiner unbekümmerter Hase, den das Geschrei überhaupt nicht beeindruckt. Ob er der Tobsucht des großen Zauberers etwas entgegensetzen kann?
meine Meinung:
„Kotzmotz der Zauberer“ habe ich zunächst selbst gelesen und anschließend als Hörbuch gehört. Dass Brigitte Werner den Text selbst eingesprochen hat, ist kein nettes Extra, sondern ein echter Mehrwert. Im Hörformat werden feine Bedeutungsverschiebungen hörbar, die beim stillen Lesen leichter übergangen werden. Figuren und Stimmungen gewinnen an Tiefe, ohne überzeichnet zu wirken.
Dieses Buch richtet sich nicht an eine klar abgegrenzte Altersgruppe. Es arbeitet gleichzeitig auf der Ebene von Kindern und Erwachsenen. Genau darin liegt seine Stärke. Nach der letzten Seite ist es kein Titel, der kommentarlos verschwindet. Der Text bleibt präsent, weil er Denkprozesse auslöst und Gespräche erzwingt.
Anfangs wirkt die Geschichte wie ein klarer Seitenhieb auf Erwachsene. Erwartungen und erzieherische Abkürzungen werden sichtbar gespiegelt. Im Verlauf wird jedoch deutlich, dass Kinder nicht bloß Projektionsfläche sind. Sie werden ernst genommen, emotional abgeholt und in ihrer inneren Logik respektiert. Diese Verschiebung macht den Text glaubwürdig.
Thematisch geht es um soziale Grundfragen: Höflichkeit als Ausdruck innerer Stabilität, Freundschaft als Beziehung, die weder erzwungen noch besessen werden kann, Sprache als Werkzeug mit verletzendem Potenzial, den Umgang mit Missverständnissen, den Unterschied zwischen Wutabbau und Selbstüberforderung sowie die Verbindung von Angst und Aggression. Freundschaft wird nicht als äußere Struktur, sondern als innere Haltung beschrieben.
Es gibt jedoch noch sooo viel mehr, was man direkt erlesen oder zwischen den Zeilen finden kann.
Auffällig ist, dass diese Aspekte nicht additiv nebeneinandergestellt werden. Hinter Gefühlen wie Zorn oder Rückzug werden Ursachen sichtbar gemacht: Unsicherheit, Überforderung, fehlende Selbstzufriedenheit. Emotionen erscheinen nicht als Fehlverhalten, sondern als Signale. Diese Perspektive unterscheidet das Buch von vielen moralisch verkürzten Kindertexten.
Die Themenfülle für jüngere Kinder könnte überfordernd wirken. Zu Beginn des Lesens dachte ich auch, dass Erwachsene von der Lektüre stärker profitieren als Kinder. Aber ich finde, diese Kritik greift zu kurz. Die Geschichte funktioniert nicht als schnelle Unterhaltung, sondern als Anlass zur gemeinsamen Reflexion.
Beim Lesen haben wir mehrfach bewusst pausiert und einzelne Situationen besprochen. Dabei wurde deutlich, wie konkret Kinder die dargestellten Konflikte auf ihr eigenes Erleben übertragen. Besonders bei meiner siebenjährigen Tochter waren diese Momente spürbar. Einsichten entstanden nicht durch Belehrung, sondern durch Wiedererkennen.
Trotz der inhaltlichen Dichte wirkt das Buch nicht überladen. Die Themen sind sprachlich reduziert und klar eingebettet. Es bleibt zugänglich, ohne banal zu werden. Wer ein Kinderbuch sucht, das nicht beruhigt, sondern klärt, findet hier einen Text, der langfristig wirkt und Gespräche ermöglicht, die sonst oft vermieden werden oder vielleicht auch schwer zu erklären sind.
©2025 Mademoiselle Cake
buchige Daten:
Titel: Kotzmotz der Zauberer
Text: Brigitte Werner
Illustrationen: Birte Müller
Verlag: Carlsen
Ersterscheinung: 2008
Genre: Kinderroman
Altersempfehlung: ab 5
Medium: eBook
Rezension vom: 20.12.25

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