Rezension: Judith Kerr - Rosa Kaninchen 3 Eine Art Familientreffen
Klappentext:
Die berührende Aufarbeitung einer wahren Fluchtgeschichte
Nach Kriegsende ist Anna in England geblieben. Verheiratet mit einem bekannten Autor führt sie ein zufriedenes Leben. Da wird sie nach Berlin gerufen. Ihre Mutter liegt nach einem Selbstmordversuch im Koma. Die Begegnung mit ihr führt Anna noch einmal zurück in die Jahre ihrer Kindheit.
meine Meinung:
Puh … ich weiß nicht so recht, was ich von Judith Kerrs Trilogie halten soll. Der Auftakt „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ hat mich damals noch überzeugt. Erzählt aus Annas kindlicher Sicht, bekommt man einen unmittelbaren Einblick in die Fluchtgeschichte ihrer Familie. Diese Perspektive funktioniert gut, gerade weil Anna selbst noch ein Kind ist. Junge Lesende ab etwa zwölf Jahren können sich in ihre Gedankenwelt hineinfühlen, und auch für Erwachsene hat die Erzählweise ihren Reiz.
Mit dem zweiten Band allerdings veränderte sich für mich die Dynamik. Anna ist dort bereits 18 Jahre alt, und die Themen sind deutlich erwachsener. Für das ursprünglich angepeilte jugendliche Publikum wirken sie oft unnahbar, während mir als erwachsener Leserin die Sprache wiederum zu schlicht erschien. Ein seltsames Dazwischen, das schwer einzuordnen ist. Schon damals fehlte mir dadurch die Tiefe.
Im dritten Teil, „Eine Art Familientreffen“, bin ich endgültig ausgestiegen. Anna ist mittlerweile verheiratet, sie erlebt Krisen, begegnet Themen wie Fremdgehen und Selbstmord - Aspekte, die sicher Relevanz haben, aber meiner Meinung nach nicht in dieser Art für Zwölfjährige geeignet erscheinen. Gerade in diesem Band wirkt die Diskrepanz zwischen Zielgruppe und Inhalt besonders groß. Für mich wirken die Themen in diesem Rahmen einfach unpassend.
Unverständlich blieb mir zudem, warum Anna seit der Flucht kaum noch Deutsch spricht. Ihre Eltern waren Deutsche, und ihr Vater tat sich schwer mit der englischen Sprache - also ist anzunehmen, dass in der Familie weiterhin Deutsch gesprochen wurde. Diese Unstimmigkeit wirkte auf mich störend. Nachvollziehbar ist hingegen Annas innere Distanz zu Deutschland und den Deutschen, auch wenn sie selbst eine Vertriebene war.
Erschwerend hinzu kommen die vielen Wiederholungen innerhalb der Bände, die das Lesen zäh machen. Dabei ist die Lebensgeschichte, die Judith Kerr hier verarbeitet, zweifellos bedeutend und verdient Aufmerksamkeit. Doch für mich wäre sie in Form einer Erwachsenenbiografie besser aufgehoben gewesen. Mit einer angepassten Sprache und einem durchgängigen Band hätte die Geschichte ihre ganze Kraft entfalten können.
So bleibt für mich das Gefühl, dass die Trilogie im Ganzen nicht funktioniert. Ich verstehe, warum der erste Teil ein moderner Klassiker geworden ist und die beiden Fortsetzungen kaum Beachtung finden.
2025 Mademoiselle Cake
buchige Daten:
Titel: Eine Art Familientreffen
Reihe: Rosa Kaninchen
Band: 3
Text: Judith Kerr
Übersetzung: Annemarie Böll
Verlag: Ravensburger
Ersterscheinung: 1979
Genre: Tatsachenroman für Jugendliche
Altersempfehlung: ab 12
Medium: Taschenbuch
Rezension vom: 25.08.25
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